Wussten Sie bereits, dass es eine ganz besondere Qualle mit beinahe wundersamen Kräften gibt? Eine Qualle, die gefährliche Feinde mit Licht blendet, um sie in die Flucht zu schlagen? Forscher verkannten lange Zeit den Nutzen dieser erstaunlichen Kreatur – bis diese schließlich zu einem der mächtigsten Werkzeuge der Biologie überhaupt wurde. So mächtig, dass sie sogar den Nobelpreis dafür erhielt. Sie sind neugierig geworden? Dann sollten Sie unbedingt weiterlesen.
Was ist die Aequorea victoria?
Aequorea victoria, im Englischen auch als Crystal Jelly bekannt, ist eine kleine Qualle, die um ihren Glockenkörper herum mit winzigen Leuchtorganen ausgestattet ist. Diese Luminszenz hat der Meeresbewohner einer biochemischen Reaktion zu verdanken, die auf das Photoprotein Aequorin zurückzuführen ist. Die Entdeckung von Aequorin zählt zu den größten wissenschaftlichen Fortschritten und ermöglicht es, dem Auge bisher verborgen gebliebene Phänomene sichtbar zu machen. Aequorin (Apoaequorin) strahlt ein sichtbares Licht aus, indem es sich an Calciumionen bindet. Diese Reaktion erlaubt es, die Veränderung von Calciumkonzentrationen im Inneren von lebenden Zellen, besonders innerhalb der Gehirnzellen, mit größter Genauigkeit zu messen.
Warum ist es wichtig, die Calciumkonzentration in den Gehirnzellen zu messen?
Calcium ist einer der bedeutendsten Stoffe für die Signalübertragung zwischen den Neuronen (Nervenzellen). Es ist in der Lage, die Übertragung der Nervensignale zwischen den Gehirnzellen zu beschleunigen oder verlangsamen, zu verstärken oder abzuschwächen, zu steuern und umzuorganisieren.1 Die Regulierung der Kalziumkonzentrationen ist daher von größter Wichtigkeit für das Gedächtnis. Mehrere spezifische Eiweiße namens Calcium-bindende Proteine oder EF-Hand-Proteine stellen sicher, dass die Konzentration des intrazellularen Calciums streng geregelt ist. Fällt das Niveau dieser Proteine unter eine gewisse Schwelle, sammeln sich die Calciumionen in gefährlicher Weise innerhalb der Gehirnzellen an2
Erhöhte Calciumkonzentrationen hemmen die Neuronen in ihrer Organisations-, Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit. Sie beeinträchtigen zudem die Merkfähigkeit und führen zu schnellerem Vergessen. Dabei handelt es sich um die häufigste Ursache für altersbedingten Gedächtnisverlust.3 Sehr hohe Kalziumkonzentrationen sind für die Neuronen äußerst giftig und kommen sehr häufig bei zerebraler Ischämie (mangelnde Versorgung der Neuronen mit Sauerstoff und Glukose) vor. Sie verursachen irreversible Schäden oder sogar den plötzlichen Tod der Gehirnzellen.
Wie wird die Leuchtqualle zum besten Freund der Neuronen?
Wie bereits erwähnt, gehört das aus der Aequorea victoria gewonnene Aequorin zu den Calcium-bindenden Proteinen oder EF-Hand-Proteinen. Jedes Aequorin-Molekül bindet drei Calciumionen an sich und hilft auf diese Weise, einen Überschuss zu kontrollieren. Es erweist sich daher als besonders wertvoll bei einer Anhäufung von Kalzium im Hippocampus, dem dauerhaften Speicherort für erworbene Informationen.4
Eine klinische Studie mit 218 Personen zwischen 40 und 91 Jahren hat gezeigt, dass die tägliche Einnahme von 10 mg Apoaequorin die Merkfähigkeit beträchtlich steigern kann. Nach nur 30 Tagen der Einnahme stellen 57 % der Personen eine deutliche Verbesserung ihres Gedächtnisses insgesamt fest. Mehr als 66 % der Teilnehmer erinnern sich leichter an ihre Einkaufsliste und 84 % können sich neue Wegstrecken besser einprägen.5 Ist die Aequorea victoria also eine Wunderqualle? Das vielleicht nicht. Es lohnt sich jedoch in jedem Fall, ein Nahrungsergänzungsmittel mit Aequorin genauer unter die Lupe zu nehmen.
Referenzen:
- Berridge MJ. Neuronal calcium signaling. Neuron. 1998 Jul; 21(1):13-26.
- Foster TC, et al. Calcineurin links Ca 2+ dysregulation with brain aging. J Neurosci 2001 ; 21 : 4066-73.
- De Jong GI, et al. Age-related loss of calcium binding proteins in rabbit hippocampus. Neurobiol Aging. 1996 May-Jun; 17(3):459-65.
- Detert JA, et al. Pretreatment with apoaequorin protects hippocampal CA1 neurons from oxygen-glucose deprivation. PLoS One. 2013 Nov 11; 8(11): e79002.
- Mark Y. Underwood, Peggy A. Sivesind, Taylor A. Gabourie, Kenneth C. Lerner Quincy Bioscience, LLC, Madison, WI, USA Quincy Bioscience 8 July 2011.