Um die Entstehung von Asthma oder Neurodermitis zu vermeiden, gibt es nichts Besseres als… – …eine gehörige Portion Dreck gleich von Geburt an! Ein Baby, das unter einer Schutzglocke aufwächst, also übermäßig behütet wird, ist zu wenigen Mikroben ausgesetzt – und hat ein höheres Risiko für Allergien! Übertriebene Hygiene macht zudem anfälliger für Autoimmunerkrankungen, insbesondere für Morbus Crohn, rheumatoide Arthritis und multiple Sklerose. Diese Erkenntnis ist allerdings nicht neu

Einige Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer kam eine klinische Studie zu einem höchst erstaunlichen Ergebnis. Deutsche Forscher stellten fest, dass die im Osten aufgewachsenen Kinder deutlich seltener unter Allergien litten als die im Westen geborenen. Und das obwohl die Kinder im Osten bereits in sehr jungem Alter in die Kinderkrippe gingen. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass es für die Vorbeugung von Allergien am wirksamsten ist, so früh wie möglich in einer Gemeinschaft groß zu werden. Auf diese Weise sind die Kleinen einer gewissen Anzahl an Infektionen ausgesetzt, die das Immunsystem entsprechend anregen.

Eine weitere Studie stützt diese Hypothese. Laut schwedischen Forschern weisen die Kinder, deren Eltern den Sauger in den Mund nehmen, bevor sie ihn ihrem Baby geben, ein geringeres Risiko für Allergien auf als jene Kinder, deren Eltern den Sauger vorher unter dem Wasserhahn abspülen. Diese gemeinsame Verwendung des Saugers, durch die die Säuglinge den Mundbakterien der Eltern ausgesetzt werden, verleiht den Kleinen also einen Schutz gegen Allergien!

Warum sollte man sein Baby nicht überbehüten?

Ein Kind kommt mit einem sterilen Darm zur Welt. Bei der Geburt wird es von Milliarden von Bakterien, Viren und Pilzen jeglicher Art angegriffen. Die Natur macht das Neugeborene besonders anfällig für Infektionen, um seine Abwehrkräfte zu „schulen“. Die weißen Blutkörperchen, die als Reaktion auf die infektiösen Erreger gebildet werden, hemmen die allergischen Entzündungserscheinungen.

Enthält man seinem Liebling den Kontakt mit Bakterien vom jüngsten Kindesalter an vor, verzögert man die Ausbildung seines Immunsystems. Ist dieses nicht in der Lage, eventuelle Eindringlinge aufzuspüren, können sich krankheitserregende Keime ungehindert einnisten, die Darmschleimhaut angreifen und die Undurchlässigkeit des Verdauungstraktes gefährden.

Ist die Darmbarriere beeinträchtigt, dringen große Moleküle (Speisereste, Giftstoffe, Abfallstoffe, Hefepilze) leicht in den Blutkreislauf ein. Dieses Eindringen der fremden Substanzen reaktiviert das Immunsystem, welches in der Folge bestimmte unschädliche Elemente des Körpers angreift. Je nach den individuellen körperlichen Voraussetzungen des Kindes entwickeln sich Erkrankungen der Haut (Ekzeme, Schuppenflechte), des Verdauungssystems (Morbus Crohn), des zentralen Nervensystems (multiple Sklerose) oder der Gelenke (rheumatoide Arthritis).

Können Probiotika Allergien vorbeugen?

Menschen, die an Neurodermitis, Schuppenflechte, Asthma, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, allergischer Rhinitis (allergischem Schnupfen) oder Heuschnupfen leiden, sind häufig von einer Dysbiose betroffen. Das bedeutet, sie haben nicht genügend „gute“ Bakterien im Darm. Daher stammt der Ansatz, sich guten Mikroben auszusetzen, um Krankheiten vorzubeugen oder sie zu lindern.

Wie können Probiotika vor Allergien und Neurodermitis schützen?

Manche Hypothesen legen nahe, dass Probiotika krankheitserregende Bakterien ersetzen und die Darmbarriere stärken. Sie hemmen dadurch das Eindringen von Allergenen in den Blutkreislauf und verringern das Risiko für allergische Reaktionen. Andere gehen von einem direkten enzymatischen Abbau der Allergene durch die Probiotika im Verdauungstrakt aus, noch bevor diese die Darmbarriere überwinden. Und schließlich könnten Probiotika die Produktion von spezifischen Immunzellen beeinflussen, die eng in Verbindung mit Nahrungsmittelverträglichkeit und allergischen Reaktionen stehen.

Wirken Probiotika tatsächlich bei allergischem Schnupfen und Neurodermitis?

Eine epidemiologische Studie mit 1.223 Kindern aus allergischen Familien hat ergeben, dass der Verzehr einer Mischung von Milchsäurebakterien im Alter zwischen 0 und 5 Jahren das Risiko für allergische Rhinitis um 54 % verringern kann (1). In einer anderen Studie mit 425 Erwachsenen mit Heuschnupfen haben die Forscher eine Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen durch die Einnahme spezifischer Probiotika festgestellt: Lactobacillus paracasei LP-33. Die Einnahme dieser Probiotika bewirkte eine deutliche Abnahme von Augenbeschwerden, was Häufigkeit und Schweregrad anbelangt: übermäßiges Tränen, Juckreiz, Fremdkörpergefühl im Auge (2).

Und wie sieht es mit Ekzemen aus? Im Laufe einer klinischen Studie haben 132 schwangere Frauen mit einer familiären Vorgeschichte von Neurodermitis entweder ein Placebo oder den Bakterienstamm Lactobacillus rhamnosus HN001 eingenommen. Auch den Kindern wurde die Nahrungsergänzung in den ersten sechs Lebensmonaten verabreicht. Mit dem Alter von 2 Jahren war die Häufigkeit des atopischen Ekzems (Neurodermitis) bei den Kindern, denen Lactobacilles rhamnosus HN001 verabreicht worden war, zweimal so niedrig wie in der Placebogruppe. Bei einer erneuten Erhebung im Alter von 4 Jahren wurde festgestellt, dass die behandelte Gruppe immer noch denselben Schutz besaß (3). Bei Erwachsenen verbessert die Einnahme von Lactobazillen deutlich den Index im SCORAD, einer internationalen Bewertungsskala für den Schweregrad und das Ausmaß von atopischen Ekzemen (4).

Ist die Einnahme von Probiotika in der Schwangerschaft und im Kleinkindalter ein Risiko?

Im Allgemeinen gilt die Einnahme von Probiotika als sehr sicher. Bisher ist von keinen Infektionen oder Vergiftungserscheinungen durch die Einnahme von größeren Mengen an Milchsäurebakterien berichtet worden.

Referenzen: